Martin.Gruetter@gmx.de

Wie wird man Barpianist?

Dem Pianisten über die Schulter geschaut

Die Fähigkeit zur Improvisation am Klavier ist unabdingbar, um Barpiano zu spielen. Schließlich gibt man als Pianist kein Solokonzert: man trägt nicht die Stücke einzeln vor, durch Pausen und den Applaus des Publikums getrennt. Vielmehr will man Musik spielen, in der es möglichst wenig harte Einschnitte gibt, eine Musik, die sich möglichst wenig in den Vordergrund drängt und trotzdem stets als Bereicherung im Hintergrund präsent bleibt.

Die Improvisation schafft diese sanften Übergänge von einem Titel zum nächsten. Wenn ein lebhafteres auf ein ruhigeres Musikstück folgt, oder wenn zwei Stücke unterschiedlicher Stilrichtung oder unterschiedlicher Tonart hintereinanderkommen, dann ist es die Aufgabe des improvisierten Zwischenspiels, zwischen diesen Kontrasten möglichst unauffällig zu vermitteln.

Genauso ist es aber Aufgabe der Piano-Improvisation, die Titel selbst auszugestalten und abwechslungsreicher zu machen. Der Klavierspieler muss durch sein Improvisieren alle Einschränkungen wettmachen, denen er unterliegt, weil er das Musikstück in der Regel nicht in der Originalfassung spielen kann. Er hat nicht die Möglichkeiten einer Big Band, eines Orchesters, eines Sängers oder einer Popgruppe. Wenn er die zweite Strophe eines Lieds spielt, hört man keinen anderen Text. Genausowenig kann er ein Thema bei der Wiederholung mit einem anderen Instrument spielen, denn er hat eben nur sein Klavier: Nur durch improvisatorische Abwandlung kann der Pianist dafür sorgen, dass ein Titel nicht langweilig wird.

Tipps zum Improvisieren am Klavier:

  • Wenn Sie noch nie am Klavier improvisiert haben, finden Sie zunächst heraus, welcher Weg Ihnen beim Lernen am leichtesten fällt. Sind Sie der Praktiker, der sich ans Klavier setzt und sofort irgendetwas spielen kann, wobei Ihnen Noten und Musiktheorie eher lästig sind? Oder kommen Sie von der Theorie her und trauen Sie sich das Improvisieren erst dann zu, wenn Sie die Grundlagen und die Technik richtig verstanden und eingeübt haben?

  • Im ersten Fall nutzen Sie Ihre praktische Begabung. Gefährden Sie nicht zu früh Ihre Spielfreude mit zu viel Theorieballast. Versuchen Sie lieber, spielerisch am Klavier Ihr freies Improvisieren mit den erlernten Repertoire-Stücken zu verbinden: Führen Sie improvisatorisch zu einem Musik-Titel hin und wieder weg, versuchen Sie in der Stilistik des Titels frei weiterzuspielen, und erweitern Sie so Schritt für Schritt Ihr Ausdrucksrepertoire.

  • Haben Sie eher einen theoretisch-rationalen Zugang zur Musik, dann überlegen Sie sich, in welcher Stilrichtung Sie fürs Erste gerne improvisieren können würden. Besorgen Sie sich dann eine entsprechende Schule (ein paar Vorschläge finden Sie hier) und lernen und üben Sie die verschiedenen Elemente am Klavier: Akkorde, Skalen, Begleitfiguren... Verzweifeln Sie nicht, wenn es am Anfang sehr langsam geht und Sie sich überhaupt nicht vorstellen können, mit diesen Elementen jemals frei spielen zu können: In der Regel kommen die Fortschritte nach einer gewissen Zeit ziemlich plötzlich.